In der Jugend macht man Fehler. Einer meiner Fehler war, A.E. Hotchners Hemingway Biographie Papa Hemingway zu lesen. Sollte man nicht tun. Lesen Sie Carlos Baker oder Michael Reynolds, aber niemals A.E. Hotchner! Hotchner schwärmt da von einem Besäufnis mit Hemingway, wo er mit dem Schriftsteller über die Filme von Robert Flaherty, den Baseballspieler Ted Williams, Lena Horne, sword-fish Zubereitung, Aphrodisiaka und Indianer redet. Ich fand es damals unerträglich, wie der leicht schweinigelnde Hotchner über Lena Horne, das schwarze Sexsymbol des weißen Amerikas, redete. Ich besaß nämlich eine Lena Horne Platte und schwärmte für sie.
Was vielleicht auch ein Fehler war, ich hatte Sarah Vaughan und Billie Holiday noch nicht entdeckt. Inzwischen habe ich Sarah Vaughan und Billie Holiday beinahe komplett und würde sie jederzeit Lena Horne vorziehen. Die habe ich auch ziemlich komplett, weil ich auf einer Schallplattenbörse mal ein Konvolut nagelneuer Lena Horne Platten gekauft habe. Es ist natürlich alles eine Frage des persönliches Geschmacks, hören Sie doch einmal in die Versionen von Stormy Weather von Lena Horne, Billie Holiday und Sarah Vaughan hinein.
Es ist ein unfairer Vergleich. Sie musste 1943 in dem Film Stormy Weather so singen, wie das Studio es wollte. Obgleich sie nicht alles tun musste, was das Studio wollte. Sie ließ nämlich jeden Vertrag von der National Association for the Advancement of Colored People überprüfen. Eine Nachtklubsängerin spielen: O.K., ein Dienstmädchen: nein. Die Rolle, für die Hattie McDaniel in Gone with the Wind einen Oscar bekommen hätte, hätte sie nie gespielt. Selbst wenn sie ausgesehen hätte wie die stereotype negro mammie Hollywoods, was man von ihr ja nun nicht sagen kann. Sie war bei ihrem ersten Filmvertrag schon lange in der NAACP.
Seit sie zwei Jahre alt war. Gut, nicht aus freien Stücken, ihr Großvater hatte sie da angemeldet. Da wurde sie 1919 als jüngstes Mitglied gefeiert. Ihre Mitgliedschaft in der NAACP war nicht nur eine pro forma Sache, sie ist ihr Leben lang kämpferisch für die Rechte der farbigen Amerikaner, sowohl im show business als auch später an der Seite von Martin Luther King und Harry Belafonte. Während des Zweiten Weltkriegs hat sie sich geweigert, Konzerte bei den amerikanischen Truppen zu geben, wenn schwarze Soldaten nicht auch zugelassen würden. Schwarze Soldaten dürfen für Amerika sterben, aber sie dürfen nicht zusammen mit weißen Soldaten Lena Horne hören.
Sie war auch, und das ist bei ihrem Lebensweg kein Zufall, mit Paul Robeson befreundet. Über den werde ich hier gerne noch einmal etwas schreiben. Und wie Paul Robeson geriet sie während des Kalten Krieges, als ganz Amerika einer Paranoia verfiel und überall Kommunisten sah, in das Visier der selbsternannten Hexenjäger. Sie verschwand für Jahre nach Europa oder zog sich, wenn sie in Amerika war, in die Welt der kleinen Nachtklubs zurück. Viele schwarze Jazzmusiker sind in dieser Zeit nach Paris gekommen. Davon handelt Taverniers Film Round Midnight und die Firma Gauloises hatte da mal vor Jahren eine ganz tolle Jazz in Paris Collection, von der ich leider nicht alle besitze. Sie hat für ihren lebenslangen Kampf für die Bürgerrechte nicht die Freiheitsmedaille des Kongresses bekommen. Die große Kämpferin für die amerikanischen Bürgerrechte aus der Uckermark hat diese Medaille natürlich bekommen. Aber es gibt noch Hoffnung: Congressman Alcee L. Hastings hat im letzten Monat den Antrag gestellt, Lena Horne posthum die Goldmedaille des Kongresses zu verleihen. Vielleicht wird das ja noch was.
Als sie 64 Jahre alt war, hatte sie ein großes Comeback (in dem Alter hatte Maxine Sullivan auch noch ein Comeback). Da hat sie wieder Stormy Weather gesungen, beinahe vierzig Jahre nach ihrem Filmauftritt. Nicht so lenorgespült softig, laut und aggressiv. Lena Horne wurde heute vor 94 Jahren geboren, sie ist im letzten Jahr gestorben. Da hatte sie wohl die längste Karriere aller amerikanischen Jazzsängerinnen hinter sich. Beinahe doppelt so lang wie das Leben von Billie Holiday. Mit achtzig war sie noch im Studio. Zum Andenken an sie gibt es heute noch ein Gedicht von Raynette Eitel, die ich schon mehrfach hier im Blog erwähnt habe. Es heißt Remembering Lena Horne:
When she began her ballad,
an invisible torch melted her words,
slurring sex into sultry sounds.
The intimacy in her deep eyes
went straight to every man there.
Even women found themselves
limp with lust lingering on lips.
As she sang each sensual sound,
Her mouth formed words like a kiss.
Men sweated as they dreamed of
taking songs into the caverns
of their body, stalagmites forming
from music and imagination.
Their eyes closed. The dream grew.
Tones caressed shamelessly. Words went
from tongues exploring mouths of listeners,
a flagrant intimacy growing from song.
The spellbound crowd wished her music
would have no end. Each heavy breath
became shallow with expectations.
The final note brought no release.
Instead, the audience was left
with a prurient promise of more to come.
an invisible torch melted her words,
slurring sex into sultry sounds.
The intimacy in her deep eyes
went straight to every man there.
Even women found themselves
limp with lust lingering on lips.
As she sang each sensual sound,
Her mouth formed words like a kiss.
Men sweated as they dreamed of
taking songs into the caverns
of their body, stalagmites forming
from music and imagination.
Their eyes closed. The dream grew.
Tones caressed shamelessly. Words went
from tongues exploring mouths of listeners,
a flagrant intimacy growing from song.
The spellbound crowd wished her music
would have no end. Each heavy breath
became shallow with expectations.
The final note brought no release.
Instead, the audience was left
with a prurient promise of more to come.
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