Aus dem Englischen übersetzt - Cora Pearl war eine Kurtisane der französischen Halbwüchsigen aus dem 19. Jahrhundert, die während der Zeit des Zweiten Französischen Reiches ihre größte Berühmtheit genoss. Diesen Satz findet man, wenn man den Namen Cora Pearl bei Google eingibt. Dann steht das auf meinem Bildschirm ganz rechts oben auf der Seite.
Wer Cora Pearl ist, die da oben dekorativ über einem Schlafzimmerbett hängt, das wissen Sie. Weil Sie den Post les grandes horizontales gelesen haben. Aber Halbwüchsige? Was das bedeutet, erklärt uns das Grimmsche Wörterbuch, das sich glücklicherweise auch im Internet findet. Im Englischen heißt der Satz: Cora Pearl was a nineteenth-century courtesan of the French demimonde who enjoyed her greatest celebrity during the period of the Second French Empire.
Demimonde ist also das Wort, das Wikipedia mit den Halbwüchsigen übersetzt. Wer über Demimonde schreibt, der muss auch wissen, was Demimonde ist — das ist kein ungerechtfertigtes Verlangen, schreibt Paul Lindau in seinem Essayband Literarische Rücksichtslosigkeiten, der gegen einen Literaturkritiker namens Dr Julian Schmidt gerichtet ist. Das war im Jahre 1871, aber das scheint bei der Wikipedia immer noch nicht angekommen zu sein. Die Demimonde gibt es im Französischen als Wort, seit Alexandre Dumas das Theaterstück Le Demi-Monde geschrieben hat.
Dumas sagt in seinem Vorwort zu dem Theaterstück einiges über die Demimonde: Wir werden ein für allemal für die Lexikographen der Zukunft feststellen, dass die Demimonde keineswegs, wie man es glaubt und druckt, den großen Haufen der Kourtisanen, sondern nur diejenigen Weiber bezeichnen soll, welche aus der guten Gesellschaft in die schlechte gesunken sind (les déclassées). Nicht jede, die da will, gehört also zur Demi-monde. Diese Gesellschaft besteht in der Tat ausschließlich aus Frauen aus guter Familie, die als junge Mädchen, als Frauen und Mütter in den besten Kreisen mit völliger Berechtigung verkehren durften und die sich auf und davon gemacht haben. Ich weiß jetzt nicht, ob das auch auf die Midinetten von Jean Béraud zutrifft.
Für Sartre ist die Hölle, auf jeden Fall steht das so in Huis clos, ein geschmackloser Salon des Zweiten Kaiserreichs, wir behalten das mal im Gedächtnis. Was die Demimonde ist, wissen wir immer noch nicht so genau, die Ränder der Definitionen sind unscharf. Paul Lindau, der Dumas in Paris kennengelernt hatte (und ihn auch übersetzt hat), zitiert ihn in seiner Abrechnung mit Dr Julian Schmidt: Dumas schreibt: 'Diese Gesellschaft fängt da an, wo die rechtmässige Gattin aufhört, und hört auf, wo die käufliche Gattin anfängt.
Von den anständigen Frauen ist sie durch den öffentlichen Scandal, und von der Courtisanen durch das Geld getrennt; hier bildet ein Gesetzesparagraph, dort eine Geldrolle die Grenzlinie. Sie klammern sich fest an das letzte Argument: 'Wir geben, aber wir verkaufen nicht', und sie verstoßen aus ihrer Mitte die Käuflichen, wie sie aus ihren Kreisen ausgestoßen werden, weil sie sich verschenkt hatten. Sie gehören dem, der ihnen gefällt, nicht denen, welchen sie gefallen'. Ich habe hier noch einmal ein Bild von Jean Béraud, einem Maler, der sich auf die Darstellung junger Frauen spezialisiert hat, die sich irgendwo an der Grenze zwischen Rechtschaffenheit und Käuflichkeit bewegen. Bestellt sich der Herr in der Brasserie auf dem Bild im dritten Absatz gerade noch ein Bier, oder wird da über Geld für Liebesdienste geredet? Die fille de brasserie ist ein wenig zu modisch gekleidet, sie trägt Schmuck, und ihr Rock hat den gerade modischen cul de Paris. Manets Kellnerin in Coin de café-concert ist da viel schlichter gekleidet.
Bei dem Bild La Modiste sur les Champs-Elysées von Béraud, den Proust im Salon von Madeleine Lemeire kennengelernt hatte, können wir sagen, dass die junge Hutmacherin ihren Rock (zum Wohlgefallen des Herrn im Hintergrund) lüpft, damit er nicht mit der nassen Strasse in Berührung kommt. Aber warum zeigt uns die Modistin im oberen Absatz, die gerade aus einem Modeladen kommt, ihre Unterröcke, macht uns so zu einer Art Voyeur? Sie gehören dem, der ihnen gefällt, nicht denen, welchen sie gefallen, schreibt Dumas, und die Schriftsteller werden diese Welt der Midinetten und Grisetten berühmt machen. Ob das nun Dumas mit La dame aux camelias, Diane de Lys und Le demi-monde oder Barriere mit Filles de marbres oder Henri Murger mit Scènes de la vie de bohème (aus dem die Oper La Bohème entsteht) sind.
Die 'Halbwelt', so sagt uns Meyers Großes Konversations-Lexikon im Jahre 1906, ist eine durch das gleichnamige Drama des jüngern Dumas (1855) in Aufnahme gekommene Bezeichnung für die in Großstädten (namentlich Paris) stark vertretene Klasse von Abenteurern höherer Gattung, die im Äußern Sitten und Lebensweise der vornehmen Gesellschaft (grand monde) nachzuahmen sucht; insbesondere für anrüchige und zweifelhafte, aber äußerlich in aller Eleganz auftretende Frauenzimmer. Von Halbwüchsigen ist da nicht die Rede. Dieses Bild, das die Tate Gallery besitzt, hat auch etwas mit dem lockeren Treiben der Belle Epoque zu tun. Es heißt Après la faute, und die Geschichte dazu, die können wir uns denken.
Wir können unseren Spaziergang durch die Halbwelt nicht beenden, ohne einmal in der Oper gewesen zu sein. Und zwar bei Jacques Offenbach, der grande monde und demimonde gleichermaßen anzieht. Nicht jeder mag ihn: Die Operette ist ein öffentliches Übel, man sollte sie erwürgen wie ein schädliches Tier, schreibt Emile Zola in seinem Roman Nana. Ich wollte ja im Jacques Offenbach Jahr etwas über den Mozart der Champs-Elysées, wie Rossini ihn genannt hat, geschrieben haben, habe das aber leider nicht hingekriegt. Immerhin gibt es hier schon die Posts Jacques Offenbach, La Périchole und Arkadien.
Das hier auf den Bildern ist wieder unsere Cora Pearl. Als Cupido in Offenbachs Orphée aux Enfers. In einem hauchdünnen, durchsichtigen Kleid, das mit Diamanten besetzt war. Am ersten Abend war die Vorstellung zu überhöhten Preisen ausverkauft, in der zwölften Vorstellung wurde sie ausgebuht, da ist sie nicht wieder aufgetreten. Wenn wir uns das hier einmal anschauen, können wir uns vorstellen, dass Cora Pearl in die Rolle passte. Aber das Publikum wollte mehr sehen als eine halbnackte Diseuse, was eine Elise Caron (die auch kaum bekleidet ist) kann, das konnte Cora Pearl stimmlich offenbar nicht.
C’est à Paris que les filles de marbre apprennent péniblement le métier qui les fait riches en une heure, hat Jules Janin geschrieben. Eine Nacht mit Cora Pearl soll 5.000 Francs gekostet haben, das wären heute ungefähr 10.000 €. Eine Nacht in dem Bett da oben im ersten Absatz unter dem Portrait von Cora Pearl kostet £1.862. Das ist die Cora Pearl Suite, The Courtesan's Boudoir, im Londoner Grosvenor Hotel. Einem Hotel im Übrigen, aus dem Cora Pearl einmal herausgeworfen wurde. Katie Hickman, die ein Buch über die Courtisanen geschrieben hat, führt uns hier einmal durch die Suite:
I wonder what she would have made of the fact that this week in her honour, the hotel, based in Victoria, London, is about to open an luxurious Cora Pearl Suite, 'The Courtesan's Boudoir', the jewel in the crown of a recent 18 million pound refurbishment. "Did I think Cora would have liked it?" I was asked as I entered the room. I looked round at the sumptuous silver and eau-de-nil boudoir, at the silk drapes, the orchids, ostrich feathers and erotic prints; gazed up at the enormous portrait of the lady herself hanging over the bed, poised as though giving her own personal benediction to whatever antics the thought of her might inspire on the velvety coverlets below. Would Cora have liked it? Sacre Bleu! She must be laughing in her grave.
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